Zeitreise im Freizeitpark – Tochter des Bauhaus-Architekten Ortner besucht Führung durch Grünwalder Sportgeschichte

Historische Einblicke am Olympischen Tag: Unter der Leitung von Jörn-Torsten Verleger, Geschäftsführer des Grünwalder Freizeitparks, begaben sich zahlreiche Interessierte Ende Juni auf eine besondere Zeitreise. Im Rahmen einer MVHS-Führung erkundeten sie das Gelände der ehemaligen Sportschule Grünwald – ein Ort mit tiefer Verankerung in der bayerischen Sportgeschichte.
Ein besonderes Highlight: Unter den Gästen befand sich Monika Ortner-Bach, Tochter des renommierten Architekten Rudolf Ortner. Der Bauhaus-Schüler hatte 1965 bis 1967 die Schwimmhalle und die angrenzenden Sporthallen der Sportschule gebaut.
Bauhaus-Spuren in Grünwald
Nur wenigen ist bewusst: Das erste Schwimmbad und die danebenliegenden, markanten Sporthallen gehen auf Rudolf Ortner zurück – einen der prägendsten Architekten des deutschen Sportstättenbaus im 20. Jahrhundert. 1912 in Nürnberg geboren, wurde Ortner bereits in jungen Jahren von den Ideen des Bauhauses geprägt. 1932 trat er in die legendäre Schule ein, wo er unter anderem von Mies van der Rohe, Kandinsky und Josef Albers lernte.
Ortner war ein Meister des Klaren und Funktionalen. Seine Bauten, lichtdurchflutet, reduziert und zweckorientiert, stehen exemplarisch für eine Ästhetik ohne Schnörkel – und für eine Haltung, die Sport als kulturelles Gut ernst nahm. 1953 veröffentlichte er im Callwey-Verlag das Buch „Sportbauten, Anlage, Bau und Ausstattung“. Auch das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße in München hat er 1958 bis 1963 ausgebaut.
Grünwald als Zentrum für Sportarchitektur
Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte Ortner nicht nur als Architekt, sondern auch als Hochschullehrer an der Technischen Hochschule in München, Erlangen und Augsburg an denen er Sportbauten lehrte. Sein beruflicher Fokus lag dabei stets auf dem Sport: Als Leiter der Bayerischen Beratungsstelle für Turn- und Sportstättenbau mit Sitz in Grünwald entwickelte er Konzepte, die bundesweit Standards setzten.
Die 1966 eröffnete Schwimmhalle in Grünwald war ein herausragendes Beispiel: Große Fensterfronten holen das Grün des Außenraums ins Gebäude, Sichtbeton trifft auf warmes Holz – ein Zusammenspiel, das den Raum zu einem Ort der Konzentration und Ruhe macht. Auch die angrenzenden Hallen zeugen von Ortners unverkennbarer Handschrift: schnörkellos, funktional, dauerhaft.
Ab 1977 bis zu seinem Tod 1997 widmete sich Ortner der Kunst. Seine Zeichnungen und Fotografien und stellte sein künstlerisches Werk, das Malerei und Fotografie umfasste, national und international aus.
75 Jahre Sportgeschichte – von der Sportausbildung zum Bürgerpark
Die Geschichte des heutigen Freizeitparks beginnt 1949 mit der Gründung der Sportschule Grünwald – ein Meilenstein im jungen Bayerischen Landessportverband (BLSV). Bereits zwei Jahre nach Kriegsende war die Vision klar: Eine zentrale Ausbildungsstätte für Sportlehrende und Übungsleitende sollte her. Am 6. November 1949 wurde der Grundstein gelegt und bereits im September 1950 öffnete die Schule ihre Tore.
In den Jahrzehnten danach wurde das Areal konsequent erweitert: 1952 ein großes Gelände im Süden, 1966 die Schwimmhalle und 1976 die Tennishalle an der Dr.-Max-Straße. Grünwald war auch Schauplatz sportlicher Sternstunden: Bundestrainer Sepp Herberger ließ hier die Nationalelf für das „Wunder von Bern“ 1954 trainieren, 1974 bereitete sich die DFB-Elf auf das WM-Finale in München vor.
Mit dem Umzug der Sportschule nach Oberhaching übernahm die Gemeinde 1994 das traditionsreiche Gelände – und schuf mit dem Grünwalder Freizeitpark eine moderne Anlage für alle Generationen. Heute verbindet der Park sportliche Vielfalt mit kulturellem Erbe – und ist lebendiger Zeuge einer außergewöhnlichen Geschichte.

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